Prag 2017 #3 – Dichter Nebel

Achtung es folgt ein ernstes Thema!

Heute geht es weiter mit der Abschlussfahrt nach Prag, die unser Deutsch & Mathe – Lk gemeinsam angetreten haben. Da der letzte Blogpost zu diesem Beitrag schon länger her ist, habe hier nochmal den Link zum letzten Beitrag, um eure grauen Zellen wieder ein wenig aufzufrischen.

Wir machen jetzt weiter mit dem zweiten Tag in Prag, an dem wir Theresienstadt, ein ehemaliges Arbeitslager in der Zeit der Nationalsozialisten, besucht und uns danach noch im Ghetto Museum umgeguckt haben.

Theresienstadt

Für uns war es an dem Morgen eigentlich viel zu früh, um sich so grauenvolle Dinge ansehen und anhören zu müssen. Auf der ca. 1-stündigen Hinfahrt war es mucksmäuschenstill im Bus und alle versuchten, ihren verpassten Schlaf der vergangenen Nacht nachzuholen. Als wir ankamen hing dichter Nebel über dem Friedhof mit den unzähligen Gräbern und dem großen Davidstern. Durch diesen düsteren Anblick traute ich mich kaum, die Szenerie zu fotografieren. Zum Einen aus Respekt gegenüber den unzähligen Toten, deren Grabsteine man erblickte soweit das Auge reichte, zum Anderen weil sich bei diesem Anblick die Stimmung aller in etwas Greifbares verwandelte. Dieses Bild würde wohl keiner so schnell von uns vergessen.

Im Innenhof angekommen mussten wir kurz auf einen Guide warten, der uns noch mehr Grausamkeiten erzählte, als man beim bloßen Durchgehen erahnen konnte. Als er die Stimme hob, um zu beginnen, erstarben die letzten Witze und der Nebel, unsere Müdigkeit und die reine Anwesenheit an diesem Ort hinterließen eine Stimmung der Unfassbarkeit. Schon als wir zu Beginn unter dem Torbogen mit der Aufschrift „Arbeit Macht Frei“ hindurchgingen, hatte ich ein flaues Gefühl im Magen.

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Torbogen mit der Aufschrift „Arbeit Macht Frei

Selbst wenn uns – als Jugendliche – sicherlich die Einschätzung und Relation zu dem ganzen Thema fehlt, weil wir schon von der Zeit her „zu weit weg“ sind, kann man sich die Grausamkeiten annähernd vorstellen, wenn man es zulässt. Und sie treibt einem die Tränen in die Augen.

Theresienstadt ist, wie so viele Lager, in unterschiedliche Blöcke eingeteilt, die spezifische Aufgaben erfüllten (Schlafräume, Zellen, Duschen etc.). Jetzt, wo es verlassen ist und Touristen sich durch das unangenehm stille Lager bewegen, kann man sich die Unmengen an Bewohnern gar nicht so richtig vorstellen. Wie gesagt, die ganze Sache ist etwas Unbegreifliches, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat.

Während unserer Tour verfolgte uns der Nebel und hing in jeder Ecke, in die wir -teils neugierig, teils fassungslos- hineinstarrten. Die Zellen für die Bewohner, die weggesperrt wurden, waren klein und mittlerweile voller Staub. Alles schien so kalt, größtenteils weil das einzige Unterscheidungsmerkmal der Leute ihre Zell- oder Bettnummer war. Wir liefen durch Schächte mit ausgehobenen kleinen Fenstern, die die kleine Festung umrunden.

Nachdem wir einen Ausgang der Schächte gewählt hatten, standen wir plötzlich vor dem Erschießungsplatz und lauschten den grauenhaften Ausführungen unseres Guides. An einer Mauer, ca. 20 Meter von dem Platz entfernt, stand ein Galgen. Wir gingen weiter, kamen an einer Gedenkstatue vorbei und landeten dann plötzlich an einem Ort mit schönen Häusern. Automatisch hob sich die Stimmung ein klein wenig, doch die wurde schnell wieder zerstört:

„Hier wohnten die Lagerkommandanten und Aufseher. Rechts seht ihr das Kino, dass sie benutzen konnten.“

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Die Gedenkstatue

Der Satz war wie ein Schlag in den Magen. Menschen die andere Menschen durch Misshandlung, Erschlagen, Tottreten, Steinigen, Ertränken, Erschießen oder Erhängen töten führen ihre Taten aus und gehen dann ins Kino, um sich einen lustigen Film anzugucken!? Ab dem Punkt war mir schlecht und ich konnte auch keine weitere grauenvolle Neuigkeit mehr aufnehmen.

Aber auch wir spazierten in das Kino und schauten uns den damaligen Propaganda Film zum Lager an.

Das Ghetto – Museum

Leider durfte man hier keine Fotos machen, denn auch das Ghetto Museum, das vor allem den Alltag von Kindern in Theresienstadt skizzierte, war ein einziger Schlag in den Magen.

Nachdem man sich Zeichnungen von Kindern im Alter von 3 – 12 angesehen hatte und darüber sinnierte, wie es wohl war so aufwachsen zu müssen (falls man nicht schon vorher starb) kam man in den gruseligsten Raum, den ich je gesehen hatte. An allen 4 Wänden hingen Tafeln mit den Namen aller Kinder (!), die in Theresienstadt ermordet wurden. Mit ihrem Alter. Da wir uns im Museum die Zeit selber einteilen durften, nahm ich mir die Zeit für jedes einzelne Kind und bei jedem weiteren Namen trieb es mir die Tränen in die Augen. Und mal wieder stellt sich die Frage: Wie kann man als Mensch nur so grauenvoll sein?

Ein weiteres Thema, neben den Kindern und Familienleben, die das Museum behandelt ist das „kulturelle Angebot“ innerhalb des Lagers.

Wie ihr schon bemerkt habt, ist dieser Beitrag etwas länger geworden, da das Thema wirklich ernst ist und man das Unbegreifliche einfach nicht beschreiben kann. Dafür gibt es keine Worte die auch nur annähernd passend wären. Was denkt ihr so über das Thema?

Ich wünsche euch einen schönen Freitag,

Eure Hanna

Weitere Bilder zu Theresienstadt gibt es jetzt auch bei mir auf Pinterest!

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